Yoga hilft! Es hilft gegen Nackenschmerzen und gegen Stress, einige Yogahaltungen erreichen sogar bestimmte Gehirnareale und erhöhen die kognitive Leistungsfähigkeit. Yoga hilft aber auch dabei, zu beobachten, nicht nur den eigenen Körper und die eigenen Gedanken, sondern auch das Schöne.
Als ich vor ungefähr drei Jahren das erste Mal meine Yogamatte ausrollte, war ich etwas nervös, ich wollte nichts falsch machen oder auffallen. Aber als dann alles einigermaßen gut klappte, kam der Ehrgeiz und ich versuchte, während wir uns im Sonnengruß vorbeugten, einen Blick auf meine Mattennachbarin zu werfen. Ich hörte mit halbem Ohr der Lehrerin zu, "Es geht beim Yoga nicht um den Vergleich, sondern um die ganz persönliche Praxis, es ist nicht wichtig, wie weit du dich vorbeugen kannst, wichtig ist, wie es sich für dich anfühlt. Achte auf deine Atmung und beuge dich mit jeder Ausatmung etwas tiefer. Hör auf die Grenzen deines Körpers." Von da an bemühte ich mich nicht mehr unbemerkt nach rechts oder links zu schauen, sondern konzentrierte mich auf mich selbst.
Das Wissen, dass einen die anderen ebenso wenig anschauen, ist befreiend und nimmt den Druck. Es eröffnet eine neue Perspektive auf eine:n selbst, auf den eigenen Körper und auf die eigenen Gedanken. Es eröffnet einen nachsichtigen, fragenden und neugieren Blick, der an die Stelle der Bewertung tritt. Es ist leichter, sich selbst mehr zuzuhören und wahrzunehmen. "Schließ deine Augen, atme tief ein und aus, nimm die Luft auf deiner Haut wahr, die Geräusche um dich herum." Es ist auch dieser Blick, der ermöglicht, mehr über die Hintergründe und Ursprünge von Yoga zu erfahren und darin nicht nur eine Fitnessübung zu sehen.
Yoga hat mir beigebracht, mich bewusster durch meinen Alltag zu bewegen, innezuhalten, auch mal etwas wegzuatmen und die Schönheit in den kleinen Dingen wahrzunehmen, ein singender Vogel, das Lächeln in einem freundlichen Gesicht, die Farben im Obstkorb. Vor allem hat es mir aber auch geholfen, einen freundlicheren Blick auf mich selbst zu werfen und ja "jeder Tag ist anders, das was dir gestern leicht gefallen ist, kann dir heute sehr viel schwerer fallen." Und wie das so ist, mit dem Hin- und Wegschauen, wenn wir uns selbst freundlicher anschauen, dann sind wir ja vielleicht auch in der Lage, andere freundlicher anzuschauen.
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